Prüfstein für die Rittigkeit - Seitengänge im Damensattel


Seit vierzig Jahren reitet sie, fast dreißig davon auch im Damensattel: Dorothee Baumann-Pellny. Ihre reiterliche Ausbildung hat sie bei dem Reitmeister Egon von Neindorff vervollkommnet. Inspiriert durch einen älteren Reitlehrer probierte sie das erste Mal den Damensattel aus und kam von der eleganten Reitweise nicht mehr los. Unter ihrem früheren Namen Dorothee Faltejsek hat sie 1998 die Reitlehre "Im Damensattel" im Olms Verlag veröffentlicht. Die Dressur-Studien fragten nach den Anforderungen, die die Seitengänge an den Damensitz stellen.

Was würden Sie einer Reiterin raten, die das Reiten im Damensattel versuchen möchte?

Ich kann es nur jeder fortgeschrittenen Reiterin empfehlen. Es fördert die reiterliche Geschicklichkeit und lehrt, das Pferd ganz fein abzustimmen. Sie sollte aber eine gute Balance und eine sehr ruhige Hand haben.

Ist denn jedes Pferd für den Damensattel geeignet?

Nicht unbedingt. Sie brauchen ein gut ausgebildetes Pferd, das an den Hilfen steht, fleißig geht und einen anständigen Charakter hat. Wichtig sind auch eine ausgeprägte Sattellage und ein guter Aufsatz. Ein Pferd, das besonders phlegmatisch oder aber sehr schreckhaft ist, macht es der Reiterin schwer.

Im Damensattel hat die Reiterin beide Beine an der linken Seite des Pferdes und in der rechten Hand die Gerte - was bedeutet das für die Hilfengebung?

Da müssen wir beim Sitz anfangen. Generell sind die Hilfen nicht anders als üblich. Aber im Herrensattel sitzt die Reiterin im Pferd, im Damensattel eher auf dem Pferd - mittig auf gerader Sitzfläche. Gerte oder Reitstock sind der Ersatz für den Schenkel, dafür muss das Pferd im Herrensitz vorbereitet werden. Ich handhabe es so, dass ich den Bügel überschlage und dann den rechten Schenkel vor den Sattel lege, wie beim Nachgurten. Mit der Gerte wirke ich dann genau so ein wie mit dem Schenkel: Vorwärts oder seitwärts treibend und verwahrend. Sobald das Pferd die Stockhilfe nicht annimmt, kann ich das Bein einfach wieder herunter nehmen. So lernt es nach und nach, anstelle des Schenkels den Stockdruck anzunehmen.

Wie geht das genau: Touchieren Sie das Pferd mit der Gerte oder üben Sie eher einen Druck aus?

Das kommt darauf an, wie gut das Pferd auf den Reiter achtet und wie es auf die Gerte reagiert. Ist das Pferd eher dickfellig, ist das Touchieren mit einer weicheren Gerte wirkungsvoller. Bei einem sehr empfindlichen Pferd genügt schon der Druck mit dem Reitstöckchen. Ich nehme am liebsten eine Gerte, die weder zu hart noch zu weich ist. Es ist eine Kunst, das Pferd auf die Gertenhilfe fein abzustimmen. Die Reiterin darf weder zu viel noch zu wenig machen. Auch die Art der Gerte ist wichtig: Ein Reitstock sollte nicht zu dick sein, denn die Reiterin hält ihn nur mit Zeigefinger und Daumen. Die anderen Finger braucht sie für die Zügel von Trense und Kandare.

Wenn Sie nun im Schulterherein reiten wollen, wie geben Sie die Hilfen?

Im Grunde sind das dieselben Hilfen, die Sie vom Herrensitz kennen. Die Reiterin muss beide Gesäßknochen gleichmäßig belasten. Da sie die Beine aber auf einer Seite hat, ist das schwieriger - das Sitzgefühl ist einfach anders. Wenn sie auf der rechten Hand beim Schulterherein rechts die Gewichtshilfe geben soll, kommt es leicht vor, dass sie auf dieser Seite einknickt. Das muss sie versuchen, zu vermeiden.

Ein Tipp dazu: Der Blick sollte über das äußere Ohr gerichtet sein und die äußere Schulter bewusst fallen gelassen werden. Der äußere Schenkel liegt dann verwahrend hinter dem Gurt. Das innere Bein soll vorne am Gurt liegen und vortreiben - nur setzt die Reiterin anstelle des Schenkels den Stock ein. Beim Biegen des Pferdes nimmt sie ein wenig die äußere Schulter und Hüfte mit. Dadurch drückt sie mit dem äußeren Knie seitlich leicht gegen den Sattel.

Und auf der linken Hand?

Linksherum sind die Beine der Reiterin innen. Sie hat hier zwar den biegenden Schenkel jedoch liegt das Bein höher als im Herrensattel und zudem auf dem Sattelblatt, wodurch sie in der Einwirkung begrenzt wird. Außen legt die Reiterin den Stock zwei bis drei Handbreit verwahrend hinter den Gurt, etwas weiter nach hinten als üblicherweise den Schenkel. Diese Seite ist deshalb schwieriger, weil das Pferd aussen auf Zügel- und Gertenhilfe gut reagieren muss. Die äußere Hand sollte tief sein und es ist ganz wichtig, dass die Reiterin locker in der Mitte sitzen bleibt. Wenn sie sich verkrampft, verbiegt sie sich im Oberkörper und schiebt unwillkürlich das Gesäß nach rechts. Dadurch verschiebt sich ihr Gewicht und stört das Gleichgewicht des Pferdes.

Sind für Sie die Seitengänge im Damensattel eine gymnastische Übung oder gehören sie eher zu den Prüfsteinen für die Rittigkeit des Pferdes?

Die Seitengänge sind beides. In der täglichen Arbeit sind sie eine gymnastizierende Übung um das Pferd geschmeidiger und wendiger zu machen. In einer Dressurprüfung wird unter anderem durch die Seitengänge der Grad der Gymnastizierung und der Rittigkeit geprüft. Das Pferd sollte diese Lektionen am besten erst unter dem Herrensattel erlernen und auch die Grundgymnastizierung sollte hier erfolgen. Bei einer sehr gute Reiterin muss das Üben der Seitengänge unter dem Damensattel aber nicht schädlich sein und hat letzendlich denselben gymnastizierenden Effekt. Generell sollte man die Seitengänge nicht übertreiben und immer wieder geradeaus reiten um Fleiß und Schwung zu erhalten.